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Reformationsstadt La Rochelle

Frankreich

La Rochelle

La Rochelle, belle et rebelle

Die westfranzösische Hafenstadt La Rochelle besaß über Jahrhunderte den größten Seehafen Frankreichs an der Atlantikküste. Dadurch konnte sie ein dichtes Netz an internationalen Beziehungen aufbauen, die heute noch die Stadt prägen. Das Stadtmotto „La Rochelle, belle et rebelle“ – „schön und rebellisch“ knüpft an die selbstbewusste und zugleich tragische protestantische Vergangenheit der Stadt an.
1559, im Jahr, in dem die protestantische Nationalsynode in Frankreich zum ersten Mal tagte, schloss sich La Rochelle der Reformation an. Anfangs war das Miteinander zwischen den Konfessionen von Toleranz geprägt. Gemeinsam nutzte man in La Rochelle die Kirchengebäude. In der Folge kam es jedoch zu Radikalisierung und Gewalt auf beiden Seiten, wobei sich La Rochelle im 16. Jahrhundert zur Hochburg des Protestantismus in Frankreich entwickelte. So tagte hier 1571 die protestantische Nationalsynode, bei welcher das „Glaubensbekenntnis von La Rochelle“, der führende Text der Protestanten in Frankreich, verabschiedet wurde.
Nach der blutigen Bartholomäusnacht am 24. August 1572, in der ca. 30.000 Hugenotten ermordet wurden, flohen viele französische Protestanten nach La Rochelle. Auch die anschließende Belagerung durch die königliche Armee konnte die befestigte Stadt überstehen. Kam es mit dem Edikt von Nantes durch Heinrich IV. 1598 noch zur einer konfessionellen Entspannung und zur Konsolidierung der protestantischen Konfession durch zugesicherte Freiheiten, so folgte 1627 das markanteste und düsterste Ereignis in der Geschichte der Stadt: Die große Belagerung von La Rochelle.
Unter der absolutistischen Herrschaft des Königs Ludwig XIII und dessen Kanzler Kardinal Richelieu wurde eine abweichende Konfession, noch dazu mit militärisch hoch gerüsteten Sicherheitsplätzen wie La Rochelle, nicht mehr geduldet. Da die Hafenstadt auf dem Landwege nicht einzunehmen war, ließ der König von der Seeseite einen 12 Kilometer langen Damm aufschütten. Eine Versorgung vom Meer aus – etwa durch die Engländer – war damit nicht mehr möglich. Mehr als ein Jahr dauerte die Belagerung an. 80 % der Einwohner starben an Hunger und Entkräftung, bis sich die Stadt schließlich ergab.
Fragt man Franzosen nach den zehn wichtigsten prägenden Daten der nationalen Geschichte, so fehlt kaum dieses eine Datum, zu welchem der Protestantismus rebellisches Durchhaltevermögen und Mut gezeigt hat und in der Folge in La Rochelle doch nie wieder signifikant Fuß fassen konnte.
Mit dem Edikt von Fontainebleau widerrief König Ludwig XIV. 1685 die im Edikt von Nantes verbrieften Zugeständnisse an die Protestanten. Der Tour de la Lanterne, heute eines der Wahrzeichen der Stadt, wurde zum Gefängnis, in welchem die Hugenotten eingekerkert wurden oder auf ihre Galeerenstrafe warteten.
Erst im Laufe des 18. Jahrhunderts fand sich wieder eine wachsende kleine protestantische Gemeinde zusammen, welche im Verlauf der Französischen Revolution wieder das Recht erhielt, Gottesdienste öffentlich zu halten. Seitdem sind in La Rochelle auch Protestanten aktiv im kommunalen Leben eingebunden. Heute gehört die diakonisch und kulturell engagierte evangelische Gemeinde nach der Fusion der reformierten und der lutherischen Kirchen in Frankreich der „Eglise protestante unie de France“ an.
Gemeinsam mit der Kommune verfolgen die evangelische und die katholische Kirche das Anliegen, die historischen und spirituellen Spuren der Stadt auffindbar und sichtbar zu machen. Dazu tragen das Museum der protestantischen Geschichte und ein gekennzeichneter Weg zu den wichtigsten hugenottischen Erinnerungsstätten in der Stadt bei.

Links

Stadt La Rochelle www.ville-larochelle.fr
Tourismusbüro La Rochelle www.larochelle-tourisme.com
Itinéraire protestant à La Rochelle www.museeprotestant.org/notice/itineraire-protestant-a-la-rochelle
Musée protestant de La Rochelle www.protestantisme-museelarochelle.fr
Eglise protestante unie de France www.eglise-protestante-unie.fr