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Reformationsstadt St. Gallen

Schweiz

St. Gallen

Vom Kloster über die Schiedmauer zum  Weltkulturerbe

St. Gallen liegt in der Ostschweiz südlich des Bodensees. Die Stadt, die sich aus dem Kloster des Heiligen Gallus entwickelte, trägt dieses Erbe bis heute nicht nur im Stadtnamen weiter. Der St. Galler Klosterplan gilt als Idealplan eines Benediktinerklosters und der Stiftsbezirk mit der Kirche und der Stiftsbibliothek ist in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden.
Von der Reformation in St. Gallen gingen früh wichtige Impulse in die Ostschweiz aus. Dabei nahm die St. Galler Reformation unter zwei besonderen Bedingungen ihren Lauf:
Zum einen war die Stadt vom Kloster geprägt und die Reformationszeit fiel in die Phase der langen Machtkämpfe zwischen dem Rat der Stadt und den Äbten um die Vorherrschaft in der Stadt. Am Ende wurde 1566 eine Schiedmauer innerhalb der Stadt gebaut, die bis 1818 die Stadt in einen katholischen und einen evangelischen Teil trennte.
Zum anderen ging die Reformation in St. Gallen ganz von Laien aus. Auch die beiden St. Galler Reformatoren Joachim von Watt und Johannes Kessler gingen bürgerlichen Berufen nach. Joachim von Watt (1484-1551) entstammte einer St. Galler Kaufmannsfamilie und wurde zu einem humanistischen Universalgelehrten. In dieser Tradition latinisierte er seinen Namen und nannte sich fortan Vadianus. An der Universität Wien war er Professor für Poesie wurde von Kaiser Maximilian mit dem Dichterkranz gekrönt, leitete zeitweise die Wiener Sängerknaben und wurde zum Rektor der Universität gewählt. Er erwarb auch den Doktorgrad in Medizin und ließ sich danach ab 1518 als Stadtarzt in St. Gallen nieder. Über seinen Wiener Studienfreund Huldrych Zwingli vermittelt, setzte er sich intensiv mit den Gedanken der Reformation auseinander und unterstützte diese in seiner Heimatstadt. 1523 war auch Johannes Kessler (um 1502-1574) nach dem Theologiestudium in Basel und Wittenberg nach St. Gallen zurückgekehrt. Auf dem Weg nach Wittenberg war er, ohne dies zu wissen, Luther begegnet, der von der Wartburg kommend als Junker Jörg verkleidet im Jenaer Wirtshaus „Zum Bären“ mit dem jungen Schweizer ins Gespräch kam. Nach seiner Rückkehr nach St. Gallen ließ sich Kessler nicht wie erwartet zum Priester weihen, sondern machte eine Sattlerlehre und legte fortan den Handwerkern die Bibel aus und erarbeitete eine neue Gottesdienstordnung. Als sein Freund Vadian 1526 zum Bürgermeister von St. Gallen ernannt wurde, führte dieser in der Stadt die Reformation gegen den Widerstand der Abtei St. Gallen ein. Bald traten in St. Gallen auch täuferische Gruppen auf. Da Konrad Grebel, einer der Führer der Täufer, ein Studienfreund Vadians und zudem sein Schwager war, blieb eine gewaltsame Verfolgung der Täufer wie in anderen Städten jedoch aus.
In seiner unter dem Titel „Sabbata“ verfassten Chronik berichtete Kessler über die Ereignisse der Reformation in St. Gallen von 1519-1539. Auch einige bauliche Zeugnisse der Reformation finden sich noch in St. Gallen: In der Schmiedgasse befindet sich eine Gedenktafel für Vadian an seinem Wohnhaus und in der Marktgasse wurde ihm auch ein Bronzedenkmal errichtet. An die konfessionelle Trennung der Stadt erinnert heute nur noch ein kleiner Überrest der Schiedmauer. Die Laurenzenkirche jedoch, in der 1527 erstmals das Abendmahl in beiderlei Gestalt gefeiert wurde, ist weiterhin als reformierte Stadtkirche in Betrieb.

Die Stadt St. Gallen gehörte zu den ersten Schweizer Städten, die sich für die Glaubenserneuerung entschieden, und prägte die Reformation der Ostschweiz nachhaltig. Die Reformatoren in der Stadt St. Gallen, vorab Bürgermeister Joachim von Watt und Johannes Kessler, setzten sich intensiv mit den Lehren Luthers und Zwinglis auseinander. Ihre Meinung hatte in den theologischen Disputationen auf eidgenössischer Ebene großes Gewicht.
Wir möchten in St. Gallen die Besucherinnen und Besucher aus nah und fern mit der reformatorischen Botschaft vertraut machen und Themen wie Erneuerung und Freiheit zur Sprache bringen.

Thomas Scheitlin

Stadtpräsident der Stadt St. Gallen, St. Gallen

Links

Stadt St. Gallen http://www.stadt.sg.ch/
Touristeninformation http://www.st.gallen-bodensee.ch/de/
Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen http://www.ref-sg.ch/
Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund http://www.kirchenbund.ch/de