Seite wählen

Reformationsstadt Banská Štiavnica

Slowakei

Banská Štiavnica

Gold und Silber

Banská Štiavnica (deutsch: Schemnitz, ungarisch: Selmecbánya) ist die älteste Bergstadt der Mittelslowakei. Sie liegt in einem Talkessel, umgeben von den Schemnitzer Bergen, einem erloschenen vulkanischen Gebirge. Der 1238 mit Stadtprivilegien ausgestattete Ort erreichte durch den Gold- und Silberabbau großen Reichtum, ersichtlich an der Architektur der Bürgerhäuser im Stadtzentrum. Die historische Altstadt gehört heute zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Die im Mittelalter überwiegend von Deutschen besiedelte Stadt geriet an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert in eine prekäre wirtschaftliche Lage, die vor allem durch die Kriege gegen die Osmanen verursacht wurde, aber auch durch eine große Schuldenlast bei dem Handelsunternehmen der Familie Thurzó. Das führte auch zu sozialen Konflikten und löste einen Grubenaufstand aus (1525), der sich über das ganze mittelslowakische Gebiet ausbreitete, aber niedergeschlagen wurde.
Den Nährboden für die Reformation bildeten auch dieser Region der Einfluss aus Humanismus und Renaissance. Hinzu kam die Nähe zu der Universität in Krakau und Schlesien, die den frühen Einfluss der Wittenberger Bewegung auf das deutsche Bürgertum in den Städten Ungarns begünstigten. Die Reformation erfasste zuerst die Städte mit ihrer deutschen Bevölkerung, griff erst später auf die slowakische und magyarische Ethnie über.
Eine wichtige Voraussetzung für das Ausbreiten der Reformation waren vor allem auch die nach der Schlacht bei Mohács 1526 einsetzenden und bis 1540 währenden Thronwirren. Denn zwei Thronprätendenten reklamierten die ungarische Krone für sich, Ferdinand von Österreich, der Bruder des Kaisers, der mit der Schwester des letzten Jagiellonenkönigs Ludwig, mit Anna von Böhmen verheiratet war, und der siebenbürgische Woiwode Johann Zápolya. Beide wurden zum König gewählt und auch mit derselben Krone gekrönt. Beide lehnten die religiösen Neuerungen ab, waren aber im Krieg um die Thronfolge auf die Unterstützung des Adels und der Städte angewiesen und konnten deshalb nicht wirkungsvoll durchgreifen.
Schließlich ist auch noch auf die aus fiskalischen Gründen verlängerte Sedisvakanz zahlreicher Bistümer hinzuweisen, mit der eine weitgehende Säkularisierung des Kirchengutes einherging.
Die Reformation im Karpatenraum war zuerst ein städtisches Ereignis. Es waren die deutschen Städte in der Zips und die Bergstädte, in denen schon zu Beginn der 20er-Jahre des 16. Jahrhunderts die Wittenberger Neuerungen bekannt wurden. Auch wenn authentische Daten über das erste Auftauchen von Lutherschriften fehlen, darf angenommen werden, dass Kaufleute und Studenten schon seit 1518 Drucke und Flugschriften aus Wittenberg, Leipzig oder Breslau mitgebracht haben. Bereits zum Jahreswechsel 1517/18 waren Luthers 95 Reformationsthesen in Ostmitteleuropa bekannt und wurden gelesen und diskutiert. Deshalb sah sich ja auch der Graner Erzbischof veranlasst, die Bannandrohungsbulle gegen Luther Exsurge Domini (15.6.1520) von allen Kanzeln verlesen zu lassen.
Als königliche Freistadt mit zahlreichen Privilegien ausgestattet, öffnete sich Schemnitz 1523 unter dem Einfluss der beiden aus Buda zugewanderten Reformatoren Konrad Cordatus (1480-1546) und Johannes Kresling der Wittenberger Reformation. Der österreichische Bauernsohn Cordatus, der in Buda als Prediger lebte, kam bereits 1522 in die oberungarischen Bergstädte. Begleitet wurde er von Pfarrer Johannes Kressling. Beide verkündeten auch in Schemnitz die lutherische Reformation. Über die Missstände in der Geistlichkeit durch Konkubinat und Korruption hatte sich Kresling schon in Buda ausgelassen. So schrieb er etwa über sein früheres Leben: „Wir genossen die Lüsternheit in Ofen (= Buda). Grynaeus (gemeint ist der Humanist und spätere Reformator Simon Grynaeus) betrieb Unzucht, und ich sammelte Gold mit dem größten Geiz.“
Cordatus musste wegen seinen scharfen antirömischen Predigten Ungarn verlassen, kehrte aber nach Studienaufenthalt in Wittenberg 1523 zurück. 1525 wurde er zusammen mit seinem Freund Kresling verhaftet und nur durch Vermittlung der ungarischen Königin aus der Haft entlassen. Cordatus verließ Ungarn, Kresling wirkte dagegen bis zu seinem Tod 1549 in Schemnitz als lutherischer Prediger.
Von den bedeutenden Pfarrern in Schemnitz ist auch auf Ulrich Kammerknecht, genannt auch Cubicularius (1538-1565), zu verweisen, der an der Abfassung der Confesssio Montana/Heptapolitana von 1559 beteiligt war. Dabei handelt es sich um eine Bekenntnisschrift im Gefolge der Confessio Augustana (1530) und der Confessio Pentapolitana (1549), die im Auftrag der sieben Bergstädte Kremnitz, Schemnitz/Banská Štiavnica/Selmecbánya, Neusohl/Banská Bystrica/Bestercebánya, Libethen/Ľubietová, Pukkanz/Pukanec, Königsberg/Nová Baňa und Dilln/Banská Belá verfasst wurde.
Kammerknecht war im Jahr 1558 als evangelischer Prediger berufen worden. Nach fortgesetzten Repressalien durch den Erzbischof von Gran, der ihn verschiedene Male zu sich zitierte, nahm er jedoch schon zwei Jahre später seinen Abschied von der Gemeinde und verließ die Stadt. Noch im selben Jahr kehrte er zurück, musste aber 1565 erneut die Stadt verlassen.

Mgr. Nadežda Babiaková

Bürgermeisterin, Banská Štiavnica

Links

Stadt Banská Štiavnica: www.banskastiavnica.sk
Evanjelická Cirkev augsburského vyznania na Slovensku: www.evangelische.sk