Reformationsstadt Schwalmstadt
Deutschland

Die Konfirmation – ein Exportschlager aus Schwalmstadt
Die Stadt Schwalmstadt wurde in der hessischen Gebietsreform von 1970 durch Zusammenschluss der Städte Treysa und Ziegenhain gebildet. Beide heutigen Ortsteile haben in der evangelischen Kirchengeschichte eine besondere Bedeutung.
Im November 1538 trat im Schloss Ziegenhain die hessische Synode zusammen, um den von Martin Bucer verfassten Entwurf einer Kirchenzuchtordnung für die Kirchen im Fürstentum Hessen zu beraten und zu beschließen.
Die Ziegenhainer Zuchtordnung sah vor, dass die Gemeinden und Gemeindemitglieder eine größere Verantwortung für das christliche Leben nach evangelischem Verständnis übernehmen sollten. Waren bislang hauptsächlich die Pfarrer für das kirchliche Leben und die Einführung der Reformation verantwortlich, so wurden ihnen nun Älteste als Gemeindevertreter zu Seite gestellt. Als ein wichtiges Werkzeug, den evangelischen Glauben in der Bevölkerung zu verankern, wurde mit der Ziegenhainer Zuchtordnung die Konfirmation in der Landgrafschaft Hessen eingeführt.
Die Konfirmation ist der Exportschlager der hessischen Reformation schlechthin. Auf Einladung des Landgrafen Philipp des Großmütigen kam der Straßburger Reformator Martin Bucer zuvor nach Marburg, um sich dort mit den Täufern auseinanderzusetzen. Diese erkannten die Taufe von Säuglingen nicht an und tauften erst im Erwachsenenalter im Anschluss an ein persönliches Glaubensbekenntnis.
Bucer erarbeitete eine Kirchenordnung, die das Anliegen der Täufer aufnahm, dass zu Beginn des christlichen Lebens Unterweisung in Glaubensfragen, persönliches Bekenntnis und Taufe gehörten. Zugleich hielt er in der Kirchenordnung an der Kindertaufe fest und sah Unterweisung, persönliches Bekenntnis und Zulassung zum Sakrament des Abendmahls für das Jugendalter vor.
Die Ziegenhainer Zuchtordnung steht im Zusammenhang der Religionspolitik Philipps des Großmütigen, der damit die Eigenverantwortung der christlichen Gemeinde und die Mündigkeit des einzelnen Christen betonte und in der Auseinandersetzung mit den Täufern im Gegensatz zu anderen Herrschern seiner Zeit auf die Gewaltausübung verzichtete. „Einen Menschen um des willen, daß er unrecht glaubt, zu töten“, so schrieb der Landgraf in seinem Testament, „haben wir nie getan.“
Die Ziegenhainer Zuchtordnung wurde zum Vorbild für zahlreiche andere Kirchenordnungen und die Konfirmation setzte sich in fast allen evangelischen Kirchen bis heute durch.
Um dieser Bedeutung Ausdruck zu verleihen, darf die Stadt Schwalmstadt seit dem 31. Oktober 2017 die Sonderbezeichnung „Konfirmationsstadt Schwalmstadt“ führen.
Doch Schwalmstadt spielt nicht nur eine wichtige Rolle in der Neuordnung der Kirche in der Reformationszeit. Auch für die Neuordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schwalmstadt ein wichtiger Ort, da in den diakonischen Anstalten Hephata in Treysa im August 1945 die Konferenz der evangelischen Kirchenführer stattfand und mit einer Bestandsaufnahme der Kirchen nach der Zeit des Nationalsozialismus begann und die EKD gründete. Die Treysaer Konferenz fand schon damals internationale Beachtung, wie z.B. der Bericht der US-Army-Korrespondentin Erika Mann, der Tochter von Thomas Mann, belegt.

Tobias Kreuter
Bürgermeister der Stadt Schwalmstadt
Links
Stadt Schwalmstadt https://schwalmstadt.de/
Evangelischen Kooperationsraum Schwalm-Hochland https://www.evangelisch-in-schwalm-hochland.de/
Evangelischer Kirchenkreis Schwalm-Eder https://www.kirchenkreis-schwalm-eder.de/
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck https://www.ekkw.de/